Mohnblumenfeld bei Vétheuil


Um 1879 von Claude Monet gemalt. 1941 von Hans Erich Emden auf der Flucht verkauft.



Das Mohnblumenfeld von Claude Monet wird heute aufgrund seiner malerischen Technik bewundert; die gestrichenen Partien des bewölkten Himmels, die getupften Blumen im Feld. Doch hinter der idyllischen Landschaft verbirgt sich die Geschichte von Flucht und Enteignung.

Das Bild gehörte dem deutsch-jüdischen Kaufmann Max Emden, der sich im Tessin auf den Brissago-Inseln niedergelassen hatte. Nach 1933 bemühte er sich um die Schweizer Staatsbürgerschaft, die ihm kurz darauf gewährt wurde. Dies geschah dank der Unterstützung der lokalen Behörden, die im Zuge der Einbürgerung gewichtige Steuereinnahmen durch den vermögenden Kaufmann erwarten durften. Als Max Emden 1940 im Sterben lag, besuchte ihn sein Sohn Hans Erich, der die Schweiz aber wieder verlassen musste. Denn im Gegensatz zu seinem Vater wurde ihm das Schweizer Bürgerrecht verwehrt. Im gleichen Jahr entzog ihm das NS-Regime – als Nachfahre deutscher Jüd*innen – die deutsche Staatsbürgerschaft, wodurch er zwar vermögend, aber verfolgt und staatenlos war. Mit einem gekauften haitianischen Pass schlug sich Hans Erich Emden über Portugal nach Südamerika durch, wo er für den Rest seines Lebens bleiben sollte.1

Während in Deutschland das verbliebene Familienvermögen durch die Nationalsozialisten konfisziert wurde, musste Hans Erich Emden vom anderen Ende der Welt aus sein Schweizer Vermögen verwalten und je länger desto mehr verscherbeln. Exemplarisches Beispiel ist der Verkauf der Brissago-Inseln, deren Preis die lokalen Behörden von 1,2 Millionen auf 600 000 Franken drückten.

Durch die erzwungenen Verkäufe jüdischer Sammler*innen war der Kunstmarkt für Verkäufe schon Jahre vor Kriegsbeginn ungünstig geworden. Hans Erich Emden musste jene Teile der Sammlung, die ihm nach den «Arisierungen» verblieben waren, trotzdem verkaufen. Anfang der 1940er-Jahre wurde Emil Bührle das Mohnblumenfeld zum Kauf angeboten – und er griff zu. Der Audioguide im Kunsthaus erwähnt die Kontroverse um dieses Werk, zieht dann allerdings das Fazit, dass es sich um einen «regulären Kauf in schwieriger Zeit»2 gehandelt habe.

Wie kommt das Kunsthaus zu diesem Schluss? Laut dem Audioguide zeige eine Vermögensübersicht, dass Hans Erich Emden zu keinem Zeitpunkt unter finanziellem Druck stand. Rund 80 Jahre nach dem Krieg kramt das Kunsthaus Informationen über das Vermögen einer Person auf der Flucht hervor und bilanziert: Hans Erich Emden war so wohlhabend, dass es vertretbar war, sich an seiner Flucht zu bereichern.


Die Geschichte der Familie Emden erzählt nicht zuletzt vom Opportunismus der Schweizer Behörden und ihrer Migrationspolitik. Die Sorge vor «Überfremdung» liess sich bei Max Emden leicht durch finanzielle Interessen beschwichtigen.3 Die Steuergelder des Vaters nahm man gerne an, doch seinen Sohn Hans Erich vor der Verfolgung des NS-Regimes zu schützen, dazu sah man sich nicht bemüssigt.




Fussnoten


1. Brömmling 2021, S. 139–148.
2.
Sammlung Emil Bührle.
3.
Strasser 2022.




Literatur

Sammlung Emil Bührle, Claude Monet, Mohnblumenfeld bei Vétheuil (aufgerufen am 4. Mai 2023).

Brömmling 2021
Ulrich Brömmling, Max Emden. Hamburger Kaufmann, Kaufhauserfinder, Ästhet und Mäzen, Göttingen 2021.

Sammlung Emil Bührle
Sammlung Emil Bührle, Audioguide Nr. 263 (aufgerufen am 4. Mai 2023).


Strasser 2022
Matthias Strasser, «Max Emden und die Brissago-Inseln», in: Schweizer Radio und Fernsehen, 21. Mai 2022 (aufgerufen am 4. Mai 2023).

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